Bewegung trotz(t) Demenz – körperliches Aktivsein hat „gute Nebenwirkungen“

Sport bei Demenz – geht das? Ja, das geht unbedingt! Gerade im frühen Stadium der tückischen Erkrankung sind noch viele sportliche Aktivitäten möglich. Das war die Botschaft der Informationsveranstaltung „Sport, Bewegung und Demenz“, zu der die Arbeitsgemeinschaft „Sport und Demenz“ in das Gymnasium Verl Mitte Juni eingeladen hatte.

Fast 80 Interessierte – Mitarbeitende aus Beratungsstellen sowie dem Sozial- und Gesundheitswesen, Übungsleitungen aus Sportvereinen sowie selbst Betroffene und Angehörige – waren der Einladung gefolgt. „Es sind mehr gekommen, als wir erwartet haben“, sagt Dr. Gerhard Nübel von der Alzheimer Gesellschaft im Kreis Gütersloh. Das zeige nur, wie brisant das Thema Demenz ist und wie viele Menschen in unterschiedlichsten Zusammenhängen betroffen sind. Aktuell leben etwa 1,8 Millionen demenziell erkrankte Menschen in Deutschland. Tendenz steigend. Vor diesem Hintergrund hat sich die AG „Sport und Demenz“ gegründet. Unter dem Motto: „Lokal vernetzt – gemeinsam engagiert“ hat sie sich das Thema „Sport bei bzw. trotz Demenz“ auf die Fahnen geschrieben. Zu der AG gehören neben der Alzheimer Gesellschaft und dem Kreissportbund die Diakonie Gütersloh mit der Aktion „Atempause“, der Gütersloher Turnverein, der SV Spexard, der Turnverein Werther, der SC Grün-Weiß Varensell, der Turnverein Verl, der Wiedenbrücker Turnverein sowie der Gesundheits- und Rehabilitationssportverein Gütersloh. Als Ausrichter und Gastgeber des Abends hatten Sandra Hasenbein vom Fachbereich der Stadt Verl und Jörg Peters vom TV Verl für den organisatorischen Rahmen Sorge getragen.

Nach den Grußworten des stellvertretenden Bürgermeisters der Stadt Verl, Josef Dresselhaus, und der Vorsitzenden des TV Verl, Maja Kraft referierte Margret Eberl (Kreissportbund Gütersloh) über die vielfältigen positiven Auswirkungen der körperlichen Bewegung und sportlicher Aktivitäten -sowohl in der Prävention als auch bei bereits vorliegender Demenzerkrankung- auf das Gehirn.

„Die Bewegung unserer Arme und Beine ernährt unser Gehirn. Das ist elementar im Kontext Demenz. Es gibt aber auch ein „Elixier“ für die Seele – und das ist das Erleben von Gemeinschaft und Zugehörigkeit z. B. in einer Sportgruppe“, betonte die KSB-Referentin. (Foto li.)

Die Devise müsse lauten: Mitmachen statt Rückzug und trotz Erkrankung mittendrin bewegt bleiben.
Viele Studien zeigen, so hieß es an diesem Abend, dass Bewegung und körperliche Aktivität ganz wesentlich dazu beitragen können, Krankheitsbelastungen und krankheitsbedingte Defizite zu kompensieren und den Teufelskreis Demenz ein wenig zu durchbrechen. Einige der „guten Nebenwirkungen“ körperlichen Aktivseins sind z. B. der Erhalt von Muskelkraft, die Reduzierung des insbesondere bei Demenzerkrankten erhöhten Sturzrisikos, die Förderung der Hirndurchblutung und des Stoffwechsels, die Stärkung des Herz-Kreislaufsystems sowie die geistige Anregung durch vielfältige Bewegungsreize. „Bewegung spricht das Gehirn an und bringt neue Synapsen zum Japsen. Bewegung ist also das Medikament im 21 Jahrhundert“, fast Margret Eberl es eindrucksvoll zusammen.  Das ist nicht gerade wenig, wenn man bedenkt, dass trotz vielerlei Therapieansätzen bisher kein Kraut gegen Demenz gewachsen ist.

„Eine Demenz verändert alles, da die große Bibliothek im Kopf langsam kaputt geht,“ erklärte dazu Dr. Gerd Nübel. „Sich regen bringt Segen – dies ist eine wichtige und richtige Weisheit, auch und gerade bei der demenziellen Erkrankung“, bringt es Dr. Nübel auf den Punkt.

Sport und Bewegung stellen somit eine Facette dar, die zumindest helfende und teils auch verzögernde Wirkungen auf das Krankheitsbild haben.
Buchstäblich bewegt waren oder besser wurden die BesucherInnen auch während der gut zweistündigen und kurzweiligen Veranstaltung mit verschiedenen „Bewegungshäppchen“: Annette Dankow vom Gütersloher Turnverein und Sabine Metzger-Klokkers vom TV Verl luden zum Mitmachen ein:
Eine Gymnastik mit Fliegenklatsche und ein Tänzchen zu Sambaklängen holte nicht nur alle von den Stühlen, sondern sorgte nach viel ernsthaftem Stoff für Aufhellung und eine heiter bewegte Atmosphäre.

Doch wo gibt es passende Angebote, wenn Familien mit der Diagnose Demenz konfrontiert werden und an wen kann man sich wenden? Alle in der AG „Sport und Demenz“ mitwirkenden Sportvereine halten verschiedene Angebote vor, u. a, Rehabilitationssport-Angebote, für die behandelnde Ärzte ein Rezept ausschreiben können. Auch die zahlreichen Gehtreffs, die es in Verl und vielen weiteren Standorten im Kreis Gütersloh gibt, sind ein geeignetes Einstiegsangebot für Demenzerkrankte. Spaziergänge, so konnten die Gäste erfahren, sind nur ein Beispiel für die harmonisierende und die demenztypische Unruhe mindernde Wirkung von Bewegung.
Um bestehende Angebote, wie u. a. das Projekt „Tanz mal wieder“ bekannter zu machen und zusätzlich weitere neue Angebote zu schaffen, warben die Veranstalter um Mitstreiter und den Ausbau eines Netzwerkes, in dem viele an einem Strang ziehen.

Reges Interesse an den verschiedenen Infoständen: Die Besucher*innen informierten sich über die vielfältige Angebote der Vereine, Bürgerinformationsstellen, Regionalbüros und Selbsthilfegruppen.

Zu weiteren Fragen rund um das Thema Demenz konnten sich Besucher an den verschiedenen Infoständen umschauen und beraten lassen. Gut frequentiert waren die Infostände der BIGS – Bürgerinformation Gesundheit und Selbsthilfekontaktstelle des Kreises Gütersloh (Katja Prause), des Regionalbüros Alter, Pflege und Demenz (Helga Reinisch) und des Rikscha- und Tandem-Dreirad-Standes (Bastien Theisen).

(Alle Fotos: Urheber Kreissportbund Gütersloh, TV Verl)