„Es ist lohnenswert, sich als Übungsleitung im Sportverein zu engagieren“ 

Vielen Unternehmen in Deutschland fehlt es an qualifiziertem Personal. Im Gesundheitswesen und in der Gastronomie, in zahlreichen Handwerksberufen und in der Logistikbranche suchen die Unternehmen nach Beschäftigten. Der Fachkräftemangel wird  als größtes Geschäftsrisiko der Zukunft eingeschätzt. Und auch im Sportverein fehlt es an qualifizierten ÜbungsleiterInnen. Dabei werden sie dringend gebraucht! Ohne den engagierten Einsatz dieser SportlerInnen gäbe es weder eine Gymnastik-, noch eine Kindertanzgruppe.
Maja Kraft (Vorstand und Übungsleiterin) und Jörg Peters (Leiter der Geschäftsstelle und Übungsleiter) im Turnverein Verl e.V. zeigen auf, warum es lohnenswert ist, sich als ÜbungsleiterIn zu engagieren. Und wo der mit seinen fast 3000 Mitgliedern größte Sportverein im Kreis Gütersloh neue Kräfte  benötigt.

Maja Kraft und Jörg Peters sind überzeugt, dass eine Übungsleitertätigkeit für alle ein Gewinn ist. (Foto: TV)

Warum und wofür genau benötigt der Turnverein Verl ÜbungsleiterInnen?

Jörg Peters: ÜbungsleiterInnen sind Dreh- und Angelpunkt eines gut funktionierenden Vereins, denn sie sind aktiv am Vereinsleben beteiligt und unterstützen und fördern Mitglieder in ihrem Sport. Fachliche Betreuung und in vielen Gruppen auch gesellige Aspekte  unterstützen Aktive auf ihrem sportlichen Weg.  ÜbungsleiterInnen leiten dazu an eine Sportart im Hinblick auf gesunde Bewegung nicht nur richtig zu erlernen, sondern auch  zu motivieren, langfristig – bestenfalls lebenslang – Sport zu treiben. ÜbungsleiterInnen sind  daher ein wichtiges Bindeglied zwischen den Mitgliedern und dem Verein.

Maja Kraft: Pandemiebedingt sind in den letzten drei Jahren nicht nur viele Mitglieder ausgetreten, sondern auch die ÜbungsleiterInnen haben sich z.T. neue Betätigungsfelder gesucht. Den Mitgliederverlust haben wir durch große Anstrengungen  nicht nur  stoppen können. Es geht wieder aufwärts mit der Mitgliederentwicklung und wir sind optimistisch, dass der Turnverein in Kürze die Dreitausendermarke wieder erreichen wird.  
Aber es fehlt  an ÜbungsleiterInnen. Besonders im Rehasport (Orthopädie), in einigen Sportgruppen mit Kindern (Spieletreff, Abenteuerturnen), im Elementarbereich (Eltern-Kind- und Vorschulturnen) suchen wir händeringend.

Wer eignet sich für diesen Job? Welche Voraussetzungen gibt es?

Jörg Peters: Wir unterscheiden zwischen ÜbungsleiterInnen, FachübungsleiterInnen und TrainerInnen. Sie alle leiten Sportgruppen. ÜbungsleiterInnen betreuen Gruppen im Breitensport – egal ob Tanzen, Gymnastik oder Kinderturnen. FachübungsleiterInnen sind spezialisiert auf eine Sportart und TrainerInnen sind nicht zuletzt im Leistungssportbereich aktiv.. Allen gemeinsam ist die Begeisterung für den Sport und die Freude am Umgang mit Menschen. Natürlich hat man als ÜbungsleiterIn auch eine Verpflichtung für seine Sportgruppe, z.B. regelmäßig zu den Stunden zu erscheinen und sich vorzubereiten.

Wie arbeits- bzw. zeitaufwendig ist das?

Maja Kraft: Selbstverständlich muss sich ein „Neuling“ noch mehr vorbereiten als jemand, der schon einige Jahre dabei ist. Die Routine kommt mit der Zeit. Wenn man sich für eine Übungsleitertätigkeit entschließt, heißt das aber nicht, alles selber machen zu müssen. Die Geschäftsstelle ist hier erster Ansprechpartner.
Das Team unterstützt die Übungsleitung, wenn z.B. im Krankheitsfall eine Vertretung gesucht wird oder wenn es um die Anschaffung neuer Materialien geht. Auch legt der Turnverein großen Wert auf Weiterbildungsmöglichkeiten. Hier unterstützen wir sehr großzügig. Und auf noch eine Sache sind wir stolz: Wir bieten die Möglichkeit, auch Übungsleiter-Teams in einer Sportgruppe zu installieren. Jeweils zwei oder drei Personen leiten eine Gruppe und können sich somit abwechseln bzw. die Termine individuell vereinbaren. Das  bedeutet mehr zeitliche Flexibilität für die Übungsleitung.

Wie muss man sich eine Ausbildung als ÜbungsleiterIn vorstellen?

Jörg Peters: Je nach Sportart planen die ÜbungsleiterInnen eine Übungsstunde, müssen z.B. Aufwärmübungen kennen und dabei den Überblick über ihre SportlerInnen behalten.
Die Komponenten und Kompetenzen dafür erlernen sie in einem Lehrgang, der z.B. mehrere Wochenenden umfasst. Finanziert wird dies in der Regel vom Turnverein. Der Kreissportbund Gütersloh und der Landessportbund NRW sind hier für uns erste Ansprechpartner in Sachen Aus- und Weiterbildung. Es gibt sehr viele Angebote für alle möglichen Lizenzen: von der Übungsleiter-C-Lizenz im Breitensport, über den spezialisierten Fachübungsleiter mit der B-Lizenz z.B. im Rehasport, bis hin zur Trainerausbildung im Leistungssport. So eine Ausbildung macht nicht nur viel Spaß, sie erweitert auch die Begeisterung für den Sport und man entwickelt sich damit auch selber weiter…

Was wird in einer ÜL Ausbildung genau vermittelt?

Jörg Peters: In einer Ausbildung (ab 17 Jahre)  werden sowohl praktische als auch theoretische
Kompetenzen vermittelt, u. a. zu folgenden Themenbereichen:
· Trainingsvorbereitung
· Aufbau der Sportselbstverwaltung
· Didaktik & Methodik
· Jugendarbeit in Sportvereinen
· Kindeswohl
· Organisation von Veranstaltungen
· Projektarbeit
· Rechtsgrundlagen


Muss ich denn unbedingt eine Übungsleiterausbildung haben, um als ÜLin tätig zu werden?

Maja Kraft: Grundsätzlich erst einmal nein. Eine Ausbildung ist nicht verpflichtend. Wenn die Person sportbegeistert ist und ausreichend Zeit und Interesse hat, anderen Menschen ihr sportliches Wissen beizubringen, ist sie als ÜbungsleiterIn geeignet, zunächst auch ohne „Schein“.
Auch im Turnverein haben wir – wenn auch nur wenige – ÜbungsleiterInnen, die früher aktive SportlerInnen waren und ihr Wissen und ihre Begeisterung nun an eine Sportgruppe weitergeben. Das Fachliche, was evtl. noch fehlen könnte, kann man sich in einem oder zwei Wochenendlehrgängen beim KSB Gütersloh aneignen.
Fairerweise muss ich sagen, ÜbungsleiterInnen mit „Schein“ werden besser honoriert.  

Wie werden Übungsleiter sonst noch gefördert bzw. unterstützt?

Maja Kraft: Wie schon erwähnt finanzieren wir in der Regel die Aus- und Weiterbildung für den Erwerb der Lizenz sowie evtl. Fahrt- und Übernachtungskosten. Ebenso finanzieren wir die Weiterbildung unserer ÜbungsleiterInnen. Natürlich zahlt der TV auch das Honorar und wir schließen dafür mit dem Übungsleiter /  der Übungsleiterin einen Vertrag.  
Der Staat gewährt  einensogenannten Übungsleiterfreibetrag.  D.h.  jeder Übungsleiter kann bis zu 3.000 Euro jährlich aus ehrenamtlichen Tätigkeiten verdienen, i.d.R. steuer- und somit sozialabgabenfrei.
Einen großen Vorteil sehe ich auch in der Größe unseres Vereins und der damit verbundenen Unterhaltung unserer Geschäftsstelle mit den hauptamtlichen Fachkräften. Diese sind bei allen Fragen die erste Anlaufstelle. Wir bieten hier schnelle Unterstützung und helfen, wenn es einmal Probleme geben sollte.

Jörg Peters: Ebenso können angehende ÜbungsleiterInnen in schon bestehenden Gruppen hospitieren und dort erste Erfahrungen sammeln, ohne dass sie sofort Verantwortung übernehmen müssen. Das gibt Sicherheit! Solche weit reichenden Möglichkeiten hat wahrlich nicht jeder Verein. Kurz: Wir versuchen unsere ÜbungsleiterInnen auch über den Sport hinaus zu unterstützen. Dazu gehört nicht zuletzt die Pflege von  gutem Miteinander in unserer Turnvereinsfamilie z.B. durch Einladungen an festlichen Vereinsaktivitäten. Auch das zeichnet uns aus.

Maja Kraft: Und wir leisten eine Menge für  für die BürgerInnen in der Stadt Verl:
Zum 111jährigen Vereinsjubiläum unseres Turnvereins sind alle herzlich dazu eingeladen, um an den vielen Aktionen teilzunehmen.

Jörg Peters: Wer sich für einen „Job“ als ÜbungsleiterIn im TV Verl interessiert, der meldet sich bitte in unserer Geschäftsstelle – wir sind bereit und freuen uns!